ALS DJ FÜR 3 MONATE AUF DER AIDANOVA – ERFAHRUNGSBERICHT

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Wie ihr vielleicht wisst, träumte ich schon immer davon mir Auslandaufenthalte durch meine Tätigkeit als DJ zu ermöglichen. Ich war schon einige Male in Hotels gebucht, allerdings gingen die Arrangements dort „nur“ 2 Wochen. Diesen Winter wollte ich längerfristig verreisen & die Zeit unter der strahlenden Sonne überbrücken. Ich entschied mich als DJ auf einem Kreuzfahrtschiff, der AIDAnova, zu arbeiten. Ich fuhr dabei von Kiel zu den Kanaren & verbrachte dort über 12 Wochen auf den Inseln Gran Canaria, Lanzarote, Teneriffa, Fuerteventura & Madeira.

Es fällt mir ein wenig schwer diese unglaublich lehrreiche Zeit meines Lebens in einen Blogbeitrag zu fassen, aber ich werde mein Bestes geben. Ich habe mich dazu entschlossen das Ganze ein wenig zu gliedern. Erstmal werde ich den Verlauf der Reise beschreiben & dann noch auf ein paar Dinge eingehen, die ich daraus mitnehmen konnte. Übrigens: Falls ihr Bilder/Videos von meiner Zeit auf der AIDAnova sehen möchtet, könnt ihr mal in mein Story-Highlight auf Instagram reinschauen 🙂


Wie alles begann…

Die große Reise begann am 22. Oktober 2022 in Kiel. Mein Steuerberater aus Schleswig brachte mich morgens um 9 an den Ostseekai, an dem die AIDAnova lag. Es war ein richtig nebliger Morgen & man konnte weder das horizontale noch das vertikale Ende dieses unglaublich großen Schiffes sehen. Ich war erstmal richtig geflashed.

Als ich dann an Bord kam, fragte ich erstmal nach, wo ich denn jetzt genau hinmüsse. Darauf wurde an den Crew Purser verwiesen, dort wird alles was die Crew betrifft gemanaged, also quasi die Rezeption der Crew. Zuerst musste ich dann einen Schnelltest machen, der (Gott sei Dank 😅) negativ war. Anschließend wurden mir meine Crew Card & Nametag ausgehändigt. Beides muss man immer bei sich tragen. Mein Chef (Position: Music Event Manager) wurde dann wach geklingelt & führte mich ein wenig auf dem Schiff herum: Das Erste, was er mir zeigte, waren natürlich die Locations, in denen die Abende verbracht werden können. Da gibt es zum einen die Rockbox (eine Bar, in der täglich live Rock gespielt wird), den Cube (die Disko, also der Nachtclub), das Brauhaus (Restaurant & Biergarten mit Bierzelt-Vibes) & natürlich den Beach Club. Dort verbrachte ich dann auch die meiste Arbeitszeit meines Vertrags. Meine Jobbezeichnung lautet nämlich „DJ Beach Club“. Anschließend zeigte er mir noch ein paar der anderen 17 Bars & (ebenfalls 17) Restaurants.

Nachdem wir unsere Führung beendet hatten, haben wir dann erstmal meine Kabine gesucht. Das hat sich als echt schwierig rausgestellt. Ihr müsst euch das so vorstellen, dass dieses Schiff an sich unglaublich groß ist & sich selbst Gäste trotz Beschilderungen & Lageplänen in der public area, dem öffentlichen Bereich des Schiffs, verirren. Im Crew Bereich gibt es keine wirkliche Ausschilderung, alles ist total verwinkelt & sieht gefühlt gleich aus. Man hat (zumindest anfangs) kaum Orientierungspunkte dort. Letzen Endes haben wir die Kabine auf Deck 4 (4192) dann doch gefunden & ich konnte einziehen. Fun Fact: Ich habe an die 2 Wochen gebraucht, bis ich meine Kabine alleine auf Anhieb gefunden habe.

Die Kabine an sich war für 2 Personen gedacht (Stockbett). Als DJ ist man allerdings einer der wenigen Personen an Bord, die den Luxus genießen alleine untergebracht zu sein. Die eigentlich DJ Kabine war noch von meinem Vorgänger DJ Darrel aus Indien besetzt. Später bin ich dann dahin umgezogen. Dort hatte ich ein riesen Einzelbett & die Möbel waren etwas anders angeordnet.

Facts zur AIDAnova

Die ersten Tage vergingen wie im Flug. Alles war noch komplett neu, vom Schiff an sich bis zu den ganzen Personen, die dort unterwegs sind. Vielleicht an der Stelle mal ein paar Fakten zur AIDAnova: Als sie 2018 in See gestochen ist, war sie das siebt größte Kreuzfahrtschiff der Welt. Auf ihr finden 6.500 Gäste und eine Besatzung von 1.500 Crewmitgliedern Platz. Mit einer Länge von ca. 330 m & einer Breite von 43 m wirkt sie einfach gigantisch groß. Es gibt insgesamt 19 Decks. Die 4 Generatoren zur Stromerzeugung leisten zusammen 61.760 kW (83.970 PS). Krass oder? Die Generatoren können als eine der wenigen mit Flüssiggas (LNG) betrieben werden.


Auflegen im Beach Club

Ich lernte DJ Darrel dann auch am ersten Abend kennen. Er legte im Beach Club auf & ich sollte ihm dabei zusehen, was er so macht. Das ging dann auch so die folgenden Nächte weiter. Mir kribbelte es schon richtig in den Fingern & ich fand es damals voll schade, dass ich nicht ab Tag 1 dort auflegen konnte. Schließlich durfte ich dann auch ran und übernahm den Beach Club am 2. November vollständig.

Der Ablauf dort ist im Grunde genommen immer gleich: Man fängt um 21 Uhr mit dem Warm Up an, um 22 Uhr (bzw. 22:15 Uhr je nach Hafen) moderiert man die Lasershow & die Band an. Danach hat man erstmal Pause, weil mit dem Abschluss der Moderation die Lasershow beginnt & danach direkt die Band startet. Die spielt dann meistens auch so 1,5 h. Nach der Band moderiert man dann wieder & spielt die After-Show. Das Ende im Beach Club hängt davon ab wie viele Leute zu später Stunde noch am Start sind. Meistens konnte ich so zwischen 1 & 2 Uhr Feierabend machen.

Von musikalischer Seite her spielte ich eine Mischung aus Hochzeit & Clubset dort, je nachdem welche Leute da waren & wie sie drauf waren. Jeden Tag wechselte außerdem das Motto, hier ist mal eine beispielhafte Beach-Club-Woche zusammengestellt:

  • Sonntag: Welcome Party
  • Montag: Silent Party mit 3 Channels (Charts / Electro / Deutsch)
  • Dienstag: Rock Night
  • Mittwoche: White Party
  • Donnerstag: 80s/90s Party
  • Freitag: Black & White Party

Meistens hatten wir knapp 5.000 Gäste an Bord, da könnt ihr euch vorstellen, wie gut besucht die Abende waren. Was mich unglaublich gefreut hat ist, dass jeden Abend Crew am Start war, die trotz der langen Arbeitszeiten mit mir bzw. zu meiner Musik gefeiert hat. Teilweise hatten wir auch Crew-Partys im Beach Club. Das waren Abende, die mir noch ziemlich lange in Erinnerung belieben werden. Am krassesten waren mit Abstand Halloween & Silvester. Was da im Beach Club abging war einfach nur unglaublich. Videos davon findet ihr ebenfalls in meinen Story-Highlight.


Der Alltag an Bord

Generell hat man wirklich viele Möglichkeiten seinen Alltag an Bord zu verbringen, zumindest als DJ. An fast allen Tagen habe ich erst Abends angefangen zu „arbeiten“ & konnte mir so den Tag frei einteilen. Meine Lieblingsaktivitäten waren folgende: Gym, Sauna, Landgänge, Essen, Leute treffen.

Meistens bin ich so gegen 11 Uhr aus meiner Kabine raus & bin erstmal ins Gym gegangen. Im Anschluss gab es dann Mittagessen in einer der beiden Crew Messen (Restaurants für die Crew). Danach habe ich ganz gerne einen Kaffee auf Deck 19 (Crew Bar) getrunken. Je nach Hafen bin ich dann raus, habe private Dinge erledigt oder irgendetwas anders gemacht. Gegen 19:30 bin ich dann zum Abendessen gegangen. Danach habe ich mich fertig gemacht & bin in den Beach Club zum auflegen. Dort war ich dann wie gesagt so bis 1/2 Uhr nachts beschäftigt. Anschließend bin ich nochmal in die Crew Bar gegangen, um den Abend ausklingen zu lassen & Leute von der Crew dort zu treffen.

Ich habe mich selten mit Leuten verabredet. Oft hat man sich einfach zufällig irgendwo getroffen & dann etwas zusammen unternommen oder nur mal kurz miteinander gequatscht. Nachdem man im Schiff sowieso wie in einer Bubble lebt, läuft man sich dort ständig über den weg. Auch die Crew Messen sind immer ein guter Anlaufpunkt, um Leute zu treffen. Die haben mich immer etwas an eine Studentenmensa erinnert. Ich konnte mich nie wirklich über das Essen beschweren, es gab immer reichlich Auswahl. Vom klassischen „deutschen“ Essen über europäische Gerichte bis hin zur asiatischen Ecke (philippinisch/indisch) wurden alle möglichen Gericht aufgetischt. Viele der europäischen Crewmitglieder trauten sich nie an die asiatischen Sachen heran, weil sie teilweise wirklich scharf waren.

Apropos Crewmitlgieder: Die meisten Leute aus der Crew kommen entweder aus den Philippinen oder aus Indien und arbeiten als Cabin Stewards, Barkeeper, Köche oder Reinigungspersonal. Positionen auf der Brücke werden dagegen meist von Italienern besetzt, die Kapitäne sind Deutsche. Das Entertainment Team kam mit einem Theater-Ensemble aus Great Britain/USA, einer Band aus Serbien, Gastgebern (Animateure) aus Deutschland & vielen weiteren gefühlt aus ganz Europa. Das war eines der Highlights für mich, meine Zeit mit sooo unterschiedlichen Nationalitäten verbringen zu können. Besonders weil hauptsächlich junge Leute an Bord der AIDAnova gearbeitet haben. War jemand 50 oder älter, war das schon eher die Ausnahme. Von den Scouts (Ausflug-Guides) & Gastgebern waren die meisten sogar 18/19 & kamen direkt nach dem Abi aufs Schiff. Ich (mit meinen 25 Jahren) wünscht rückblickend, ich hätte so etwas auch schon eher gemacht. Warum? Das erkläre ich gerne!

Der Alltag ist einfach unglaublich krass: Es wird nie langweilig, weil immer etwas passiert. Kein Tag ist wie ein anderer. Für mich war das Leben an Bord unglaublich abwechslungsreich. Dazu kommt, dass ich so wahnsinnig viele Leute kennen lernen konnte, sei es aus der Crew oder von den Gästen. Dadurch vergeht die Zeit gefühlt richtig schnell, aber man erlebt so viel, dass es sich kaum in Worte fassen lässt. Als ich nach ein paar Wochen Freunde zu Hause anrief & sie mir sagten, dass es nichts Neues gibt, & ich kaum wusste, was ich erzählen soll, weil es so viel zu erzählen gab, fand ich das irgendwie erschreckend. Insgesamt machte ich an Bord so viele Erfahrungen & lernte so viel, wie ich normalerweise in 2 Jahren erlebt/gelernt hätte. Genau das hätte ich mit 18 Jahren, also zum Start meiner DJ-Karriere, sehr gut gebrauchen können. Jetzt fragt ihr euch vielleicht, was man denn so auf dem Schiff lernt…


Learnings an Bord

  1. DJ Skills: Dadurch, dass jeder auf dem Schiff jeden Tag arbeitet, also 7 mal die Woche, legt ich natürlich auch mindestens 7 mal pro Woche auf. Ich habe also alleine in den 3 Monaten an über 90 Tagen aufgelegt. So oft spiele ich normalerweise in einem guten Jahr. Es gibt also enorm viele Möglichkeiten neue & alte Songs zu testen, Übergänge zu üben oder kurz gesagt generell seine Skills zu verbessern. Das Gute ist zudem, dass das Publikum (Gäste) jede Woche gewechselt hat. So kann man sehen, ob man bspw. mit einem neuen Song nur einen Glückstreffer hatte oder ob die Leute ihn wirklich feiern. Andererseits hat man auch immer Crew am Start, die man ja nicht langweilen will und dadurch einen zusätzlichen Drang auch mal was Neues auszuprobieren. Abschließend lässt sich sagen, dass ich mich nie in meinem Leben so konsequent mit dem DJing & dem Drumherum beschäftigt habe, wie in diesen 3 Monaten. Dadurch konnte ich mich in einigen Skills deinitiv steigern.
  2. Selbstkenntnis: Jetzt kann ich sagen, dass ich in dieser Zeit extrem viel über mich selbst gelernt habe. Die lehrreichste Erfahrung, die ich an Bord machen durfte, war tatsächlich der bisher schlimmste Heartbreak meines Lebens. Das hört sich jetzt vielleicht komisch an, ich konnte, obwohl es mir in der Zeit sehr schlecht ging, extrem viel mitnehmen. Jetzt weiß ich auch, warum es so viele Lieder darüber gibt und wie sich so etwas anfühlt. Dadurch, dass es mir so schlecht ging, legte ich meinen Fokus auf das, was mir gut tut und beschäftigte mich viel mit meinem Inneren. Das hatte ich in der Form auch noch nie.
  3. Selbstvertrauen: Woran das genau liegt, kann ich nicht so richtig erklären. Ich glaube jedoch, dass das mit den zahlreichen Bekanntschaften an Bord & der Frequenz wie schnell man neue Leute kennen lernt zusammenhängt. Ich kann jetzt viel besser einschätzen, wie ich bei Leuten ankomme. Dadurch trete ich sowohl hinter dem Mischpult, als auch im Alltag sehr viel selbstbewusster auf.
  4. Menschenkenntnis: Nicht nur mich selbst habe ich besser einzuschätzen gelernt sondern auch die Menschen, denen ich begegne. Ich habe richtig viele positive Erfahrungen mit Leuten gemacht, leider natürlich auch einige sehr negative. Ich dachte immer, dass in toxischen Menschen irgendwo auch noch ein Kern Gutes steckt… Scheinbar ist das nicht so. Jedenfalls hat man auf dem Schiff keine andere Wahl als sich auch mit solchen Menschen auseinander zu setzen. Man lebt dort schließlich wie in einer Blase. Normalerweise fliehe ich aus negativen Situationen, wenn es keine Aussicht auf Besserung gibt. An Bord eines Schiffes ist das unmöglich, man muss damit klar kommen und darf das nicht zu stark an sich ranlassen.
  5. Dankbarkeit: Schon oft ist mir aufgefallen, dass man glücklicher durchs Leben geht, wenn man dankbar ist. Auch die meine Dankbarkeit konnte ich auf das nächste oder sogar übernächste Level bringen. Das lag wiederum daran zu sehen wie sehr sich beispielsweise Inder darüber freuen, wenn man einen Track von Panjabi (Rapper mit indischer Abstammung) spielt. Mir ist im Grunde genommen wieder richtig klar geworden, wie gut ich es habe: Ich darf den Winter an Bord eines hochmodernen Kreuzfahrtschiffes verbringen, lege täglich vor jeder Menge Leuten auf, tue das, was ich liebe, habe wahnsinnig viele tolle Menschen in meiner unmittelbaren Nähe, sehe viele neue Orte, kann jeden Tag die Sonne genießen, Sport machen, Essen gehen ohne davor zu kochen & verdiene sogar noch Geld dabei. Wow.
  6. Sprachskills: Die Bordsprache unter der Crew ist in erster Linie Englisch. An unseren Destinationen wurde hauptsächlich Spanisch gesprochen. Dadurch habe ich auch meine beiden Hauptfremndsprachen in der Zeit ausgiebig trainieren können.

Es gibt noch sehr viel mehr über meine Zeit an Bord zu erzählen. Ich denke für jetzt reicht das aber erstmal. Letztendlich bin ich unglaublich dankbar diese Erfahrung gemacht haben zu können. Es hat mir sogar so gut gefallen, dass ich direkt den nächsten Vertrag unterschrieben habe. Als nächstes geht es für einen Monat auf die AIDAluna, die gerade in der Karibik unterwegs ist. Ich fliege nach St. Martin (Karibische Insel) und fahre von dort aus zurück nach Hamburg. Ich freue mich schon sehr & kann es kaum abwarten!

Wenn es die Zeit hergibt, kann ich jedem DJ nur empfehlen sich bei AIDA zu bewerben & mal auf einem Schiff zu arbeiten. Man lernt garantiert vieles über sich selbst & das Auflegen an sich. Was gibt es außerdem schöneres als dafür bezahlt zu werden durch die große Welt zu reisen?

Falls du Fragen zum Leben als AIDA DJ hast, kannst du mir gerne auf Instagram schreiben 🙂

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